Ivanova,
Galina Dmitrievna
Mori Ōgai
Aus dem Russischen übersetzt von Peter Raff. Mit einem
Vorwort von Volker Stanzel
2014 · ISBN
978-3-86205-111-3
·
241 S., kt. · EUR 14,-
Gesellschaft für Natur- und Völkerkunde Ostasiens (OAG), Tokyo (Hg.): OAG Taschenbuch
Nr. 99
Ist ein 1922 gestorbener japanischer Arzt, Militär und Dichter heute
überhaupt noch von Interesse und verdient eine Biografie? Im Urteil Donald
Keenes, des vielleicht besten westlichen Kenners der japanischen Literatur,
steht Mori Ōgai – neben Natsume Sōseki – an der Spitze der modernen
japanischen Literatur.
Für die deutschsprachige Leserschaft ist Mori Ōgai von ganz besonderem
Interesse, hat er sich schließlich als erstrangiger Kulturmittler zwischen
Deutschland und Japan verdient gemacht. Mori Ōgais Faust-Übersetzung ins
Japanische gilt noch heute als unübertroffen, um nur ein wesentliches
Verdienst Ōgais herauszugreifen.
Die Übersetzung und Veröffentlichung eines dreißig Jahre alten Textes aus
der untergegangenen Sowjetunion bedarf jedoch einer Begründung.
Man könnte es sich einfach machen und sagen, dass es – neben Galina
Dmitrievna Ivanovas Mori Ōgai-Biografie aus dem Jahre 1982 (Russisch) – nur
noch eine einzige weitere Ōgai-Biografie in einer westlichen Sprache
(Englisch) gibt: J. Thomas Rimers “Mori Ōgai” aus dem Jahre 1975, vom Umfang
her nahezu gleich. Selbst R. J. Bowrings vielzitierte Studie „Mori Ōgai and
the modernization of Japanese culture“, die man auch als Biografie lesen
kann, liegt schon mehr als dreißig Jahre zurück (Erstveröffentlichung 1979).
Alle drei genannten Werke sind nur noch über Universitätsbibliotheken oder
zu Liebhaberpreisen über internationale Antiquariate zugänglich. Ein neueres
Werk mit ausführlichen Angaben zu Mori Ōgais Leben und Werk ist K. Krachts
und K. Tateno-Krachts „Ōgais ‚Noël‘“, das allerdings einem speziellen Aspekt
gewidmet und keine Biografie im eigentlichen Sinne ist.
Ein weiterer Gesichtspunkt erscheint aber beinahe gleichwertig. Im „Westen“
wird bis heute die sowjetische/russische Japanologie kaum wahrgenommen,
sieht man einmal von dem unlängst verstorbenen Japanologen Bruno Lewin ab.
Wahrscheinlich sind mangelnde russische Sprachkenntnisse bei den Japanologen
die Ursache. Dies ist bedauernswert, fallen doch damit die Ergebnisse der
eigenständigen russischen Orientalistik, die bis auf Zar Peter den Großen
zurückblicken kann, unter den Tisch. Es dürfte für manchen Japanologen, der
G.D. Ivanovas Mori Ōgai-Biografie liest, ein „eye opener“ sein, was eine
sowjetische Japanologin über ihren Forschungsgegenstand vorwiegend durch
Studium der japanischen Originalliteratur herausfinden konnte, und dies ohne
dass ihr die modernen Hilfsmittel des akademischen Arbeitens (Kopierer,
Computer und Internet) zur Verfügung gestanden hätten.
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