Zhang, Ruoyu (Hrsg.)
Weltliteratur in der Shanghaier jüdischen Exilpresse (1939–1947)
2022 · ISBN 978-3-86205-604-0 · 282 Seiten, kt. · EUR 39,—
Wie könnte es sein, dass man in der deutschsprachigen Exilpresselandschaft in Shanghai im Zeitraum von 1939 bis 1949 nur die von den jüdischen Flüchtlingen selbst verfassten Zeitungsberichte und -artikel wahrgenommen hätte?
Die vorliegende Anthologie zeigt eindrucksvoll, dass die jüdischen Emigranten damals keineswegs auf der „Shanghai-Insel“ isoliert blieben, sondern stets in enger Verbindung mit der Außenwelt standen. Dementsprechend bietet diese Textsammlung nicht nur einen Einblick in die mannigfaltigen rezipierten/nachgedruckten Literaturen sowohl der einflussreichen Exilschriftsteller wie z.B. Bruno Frank, Sigmund Freud, Franz Werfel, Arnold Zweig, Stefan Zweig und der Familie Mann, sondern auch renommierter Autoren aus China, Frankreich, Italien, Norwegen, Russland und anderen Ländern wie etwa Mao Dun, Sigrid Undset, Guy de Maupassant und Anton Tschechow. Daneben kommen auch unbekannte (sogar anonyme) „kleine Leute“, die uns Tatsachenberichte sowie rührende Briefe hinterließen, zu Wort.
Die rezipierten Literaturwerke sind stilistisch vielfältig und enthalten je nach Gattung Biographien, Briefe, Erzählungen, Märchen, Nachrufe, Novellen, Prosatexte, Reden, Reminiszenzen, Romane (in Auszügen oder gelegentlich als Fortsetzungsroman), Rundfunkvorträge, Spezialberichte u.a. Nachgedruckt sind in der jüdischen Exilpresselandschaft anhand der vorhandenen Zeitungsmaterialien insgesamt nur 14 Fortsetzungsromane, die wegen des großen Umfangs nicht in diesen Band aufgenommen wurden, sondern im Anhang tabellarisch aufgeführt werden. Es ist dabei unstrittig, dass die Aufnahme von Autoren und Literaturen in die zeitgenössische Exilpresse keineswegs nach Gutdünken gemacht wurde. Die rezipierten Werke standen alle mehr oder weniger in Übereinstimmung mit den Anliegen, Exilerfahrungen, Erwartungen, dem seelischen Verlust und den sozialen Problemen der jüdischen Emigranten in Shanghai.
Die deutschsprachigen jüdischen Exilperiodika in Shanghai gelten gegenwärtig als wertvolle historische Materialien, die uns Lesern die Gefühlswelt und die geistige Haltung der Schriftstellerinnen und Schriftsteller während und nach dem Zweiten Weltkrieg etwas näherbringen können. Dementsprechend sind insgesamt 96 literarische Zeugnisse in diesem Band gesammelt und in fünf Themen eingeteilt: „Anti-Hitler und Anti-Krieg“, „Suche nach jüdischer Identität“, „Ost und West, ein Gegensatz?“, „Erinnerung an die prägenden Persönlichkeiten“ und „Soziales“.
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