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Cover Usanov-Geißler, Nora
Kyōto und seine Anderen
Bildkünstlerische Imaginationen der Küste auf japanischen nanban byōbu

2019 · 228 Seiten, 134 farbige Abb., geb. · 46,— EUR
ISBN 978-3-86205-261-5

Hijiya-Kirschnereit, Irmela (ed.): Iaponia Insula. Studien zu Kultur und Gesellschaft Japans (Bd. 37)

Die vorliegende Studie basiert auf der Feststellung, dass Interpretationen der Malereien auf japanischen nanban byōbu in gegenwärtigen Diskursen von Historisierungsprozessen früher Kulturkontakte geprägt sind. Die Darstellungen werden als Zeugnisse harmonischer Kontaktszenarien zwischen Japan und Europa verstanden, während ihre Funktionen im Rezeptionskontext des 16. und 17. Jahrhunderts marginalisiert werden. Die Monographie diskutiert diese historiographischen Verschiebungen in einer Verquickung von wissenschaftshistorischen Untersuchungen und Bildanalysen.

Es wurden vier Interessensfelder hervorgehoben und in jeweils einem Teilabschnitt behandelt: Das erste Kapitel skizziert methodische Analyseansätze, mit denen japanische Kunsthistoriker die Bildinhalte auf nanban byōbu untersucht haben. Sie legen beispielsweise dar, dass in den Darstellungen "Utopien" konstruiert wurden, die in der Hauptstadt Kyōto generiert wurden und durch eine Balance von einerseits phantastischen Bildelementen und andererseits realhistorischen Details bildkünstlerisch umgesetzt wurden. Das zweite Kapitel knüpft an diesen Ergebnissen an und betrachtet nanban byōbu als heterotopische Darstellungen der litoralen Kontaktzonen in Kyūshū. Anhand von Fallbeispielen wird aufgezeigt, wie die Kontaktszenarien je nach urbanem Rezipientenkreis individuelle Inhalte transportieren. Im dritten Kapitel wird asobi, ein ästhetisches Prinzip der frühen japanischen Genremalerei, als Analysekategorie jener ikonographischer Strategien erprobt, mit denen das Litoral für Rezeptionskontexte Kyōtos anknüpfungsfähig gemacht wurde. Hierbei werden spielerisch ambivalent gehaltene Interpretationsmöglichkeiten nachgezeichnet und diskutiert. Das vierte Kapitel fokussiert die diskursiv festgeschriebene Dichotomie "Japan-Europa". Es nähert sich Diversitätskonstruktionen auf nanban byōbu in einer Kombination aus ikonographischen Analysen und Untersuchungen von Alteritätsrezeptionen vom 17. bis ins 19. Jahrhundert.
Die Ergebnisse dieser Abhandlung verdeutlichen, dass die Darstellungen auf nanban byōbu Auseinandersetzungen historischer Akteure mit tradierten und innovativen Konzepten von Alterität reflektieren. Anstatt konkrete Kontaktszenarien an den Küsten im Süden Japans zu dokumentieren, überliefern die Malereien vielmehr heterotopische Imaginationen des kulturellen Austausches, die in unterschiedlichen sozialen Kontexten der Hauptstadt generiert wurden.

Abstract

Kyōto and its Others.
Pictorial Imaginations of the Coast on Japanese nanban byōbu
This study aims at a reconsideration of the paintings on so-called nanban folding screens by analyzing them within contexts of the art production in Kyōto in the 16th and 17th centuries. As a starting point, the seminal research on nanban byōbu by Japanese art historians is summed up. They demonstrate that the scenes of the arrival of European trading embassies on Japanese coasts are highly constructed images, and unfold how the urban painters applied a combination of fictitious and factual motives to generate them. From the groundwork of these investigations, the paintings are distinguished as heterotopic imagination of transcultural contact zones. In a series of iconographic case studies it can be shown how the patrons of nanban byōbu represented their individual interest in foreign trade through these images. Further analyses refer to asobi as an aesthetic principle of Japanese genre painting of the 16th century, to discuss pictorial negotiations of ethnical, religious and social identities. The paintings on nanban byōbu reveal a complex reflection of ethnic diversity, which is not mirrored in their recent interpretations as dichotomous contact scenes between Japanese and Europeans. This thesis shows that historiographic constructions have caused a reduction of meaning and a focus on Christian contexts in nanban byōbu since the 19th century which can be corrected through a focus on and analysis of the context of their production in contemporary Japan.


Nora Usanov-Geißler studierte Japanologie und Ostasiatische Kunstgeschichte an der Freien Universität Berlin und der Waseda Universität in Tōkyō. Sie promovierte im Rahmen der DFG-Forschergruppe 1703: Transkulturelle Verhandlungsräume von Kunst des Kunsthistorischen Institutes der Freien Universität Berlin. Schwerpunkte ihrer Forschung sind japanische Genremalerei, Identitätsdiskurse und Wissenschaftsgeschichte.

 

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