Ozan,
Meral
Die ,tote‘ Seele
Die Brautwerbung als
narrativer Diskurs im Volksmärchen der deutschen und türkischen Erzählkultur
2008 • ISBN 978-3-89129-551-9
• 282 S., kt.
EUR 30,—
Die äußerliche Veränderung durch Todesschlaf, Verwandlung,
Verkleidung oder auch der Verlust der Lebensfreude sind im Grunde genommen
ein Zeichen des Todes, bei der die Seele des ‚Verstorbenen‘, nicht mehr
‚Lebenden‘ zeitweilig die Gestalt eines fremden Körpers annimmt und so der
Außenwelt für ‚tot‘ erklärt wird (die ‚tote‘ Seele). Dieser Todeszustand
kommt in den Volksmärchen vor allem im Rahmen des Brautwerbungsaktes
deutlich zum Vorschein, zumal der Akt der Werbung mit bestimmten
Konfliktsituationen korreliert, die der Handlungsstruktur des Märchens
immense Gewichtung verleiht.
Erst durch einen kontrastiven und zugleich analytischen Blick
in die Rituale, Lebenspraktiken und Glaubensvorstellung archaischer Kulturen
findet die Konfrontation mit dem Faktum ‚Tod‘ nähere Erklärung. Diese
Lebensphilosophie der Naturvölker widerspiegelt sich nicht nur im
Handlungsgeschehen, sondern wird durch den gesamten Handlungseinsatz aller
Figuren des erzählten Märchens reflektiert. Folglich erscheint das
Todesmotiv als gemeinsamer Nenner der Volks- bzw. Brautwerbungsmärchen in
den hier untersuchten Korpora.
Abgesehen von den sporadischen Untersuchungen bezüglich
einzelner Märchen wurde bisher eine grundlegende und kontrastive Textanalyse
der deutschen und türkischen Volksmärchen auf der Basis eines umfangreichen
Korpus nicht vorgenommen. Hier wird zum ersten Mal der Versuch einer Deutung
gemacht, die den Akt der Partnerwahl und in diesem Kontext die
Handlungsfähigkeit der Figuren „Freier“ und vor allem „Braut“ anhand des
Aktantenmodells von Todorov näher bestimmt.
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