2004 • ISBN 978-3-89129-474-1 ·
204 S., kt. · EUR 20,50
Inhalt:
Einführung • Forschungsüberblick • Dominanz – Fassade zur Kaschierung von
Unsicherheiten? – Die Väter • Zwischen Aufruhr und Ohnmacht – Die Söhne •
Scheinstärke oder Souveränität? – Die Mentoren • Die psychische Entwicklung
der „Vaterlosen" • Männerfreundschaften • Die Partner der Frau • Männer und
Emotionalität – ein Konflikt? • Aggression – eine Domäne des Mannes? • Die
männliche Geschlechtsrolle als dramatisches Thema • Ergebnisse •
Literaturverzeichnis
Zahlreich sind die Publikationen der Hebbelforschung, die
sich mit der These der Differenz der Geschlechter und der Untersuchung der
Charaktere von Frau und Mann in den Dramen des Dichters auseinandersetzen.
Analysiert werden jedoch in erster Linie Werte, Würde und Rechte der Frau
sowie der Konflikt zwischen ihrer soziokulturellen Rolle und ihrem Streben
nach Eigenbestimmtheit, während die Männer zumeist nur über die Frage ihrer
Schuld an der Frau erfasst werden.
Unmittelbar nach der Wende zum 20. Jahrhundert erscheinen
vor dem zeitgeschichtlichen Hintergrund der verstärkt einsetzenden
Frauenbewegung auffallend viele Untersuchungen zur Frau bei Hebbel, in denen
der Mann hauptsächlich als Aggressor und die Frau im Kampf um ihre
Persönlichkeitsrechte gesehen wird. Dieser Tenor verliert sich auch später
nicht.
Was in der Hebbelforschung bislang fehlt, ist eine
Gesamtuntersuchung, die sich über Schuldfrage und Geschlechtergegensatz
hinaus ausschließlich mit den Männern und mit der soziokulturell
konstruierten Rolle des Mannes in den Dramen Hebbels beschäftigt. Hier setzt
die vorliegende Untersuchung an: Neu ist, dass nicht mehr die Frau, sondern
der Mann als das Besondere und Rätselhafte betrachtet wird. Der Mann wird
als rein geschlechtliches Wesen mit spezifischen Erfahrungen und Problemen
erforscht beziehungsweise als Objekt diskursiver Zuschreibungen in seiner
kulturellen und historischen Bedingtheit gesehen.
Damit zielt die Perspektive, die in der Hebbelforschung
zunächst immer nur auf die Frauen gerichtet war, jetzt erstmals
ausschließlich auch auf die Männer. Die Männer erscheinen nicht mehr als das
Universale, von dem sich das Weibliche abhebt, sondern die Männer selbst
werden als spezifisch und partikular wahrgenommen. Nicht mehr die Frau,
sondern der Mann erscheint als fragwürdig und muss erst noch erklärt werden.
Ziel dieser Arbeit ist es, die Männer in ihrer
tatsächlichen literarischen Präsentation zu beleuchten beziehungsweise ihr
„Anderssein" aufzuzeigen. Es wird gezeigt, dass die Männer bei Hebbel in
ihren Ängsten und Schwächen, in ihren inneren, belastenden Defiziten, in
ihren Gefühlen und Problemen, Sehnsüchten und Abhängigkeiten dargestellt
werden. Darüber hinaus wird dargestellt, welche Auswirkungen Geschlecht als
soziokulturelles Konstrukt auf die einzelnen literarischen Männerfiguren
Hebbels hat.