Roll, Heike
Jugendliche Aussiedler sprechen über ihren Alltag.
Rekonstruktionen sprachlichen und kulturellen Wissens
2003 • ISBN 978-3-89129-143-6 · 234 S.,
kt. · EUR 24,-
(= Ehlich, Konrad; Redder, Angelika, Hg.: Studien Deutsch, Bd.
32)
Inhaltsverzeichnis
Vorbemerkung
0. Fragestellung und Aufbau der Untersuchung
1. Jugendliche Aussiedler aus den Nachfolgestaaten der Sowjetunion und ihre
Familien: Geschichte, Rechtsposition und Lebenslagen im Forschungsdiskurs
2. Interkulturalität und Migration: kultur- und sprachtheoretische
Grundlagen
3. Sprachliches Handeln in biographisch orientierten Interviews –
methodologische Überlegungen und Korpus der Untersuchung
4. Wissensstrukturen und ihr Eingang in ethnische Kategorien – exemplarische
Rekonstruktionen
5. Stellenwert und Funktionen der russischen Sprache zwischen Gleichaltrigen
Schlussbemerkung
Literatur
Die Arbeit beginnt mit einer
Weitwinkelperspektive: In Kapitel 1 wird einleitend die Zuwanderung
und Aufnahme von jungen Aussiedlern und ihren Familien unter ihren
historisch-gesellschaftlichen Prämissen in den Blick genommen. Kapitel 2
erarbeitet die kultur- und sprachtheoretischen Grundlagen des Konzeptes
Interkulturalität in einem Rückgriff auf Kultur und Ethnizität. Nach einer
Diskussion einschlägiger Kulturkonzepte richtet sich der Fokus auf das
integrale Moment einer funktional-pragmatisch orientierten Sprachtheorie. Es
wird der für die vorliegende Arbeit grundlegenden Frage nachgegangen,
inwieweit sich kulturelles Handeln – vermittelt durch mentale Strukturtypen
wie Einschätzung, Bild, Sentenz, Maxime – in sprachlichem Handeln
niederschlägt. Kapitel 3 präzisiert nun aufbauend das methodische
Vorgehen und stellt die Materialerhebung und das Korpus der Untersuchung
vor. Es wird gezeigt, dass mittels argumentativer Interviews biographische
Diskursformen, in denen Einschätzungen, Bewertungen oder Kategorisierungen
vorgenommen werden, elizitiert werden können. Ob kulturelles Handeln
vorliegt, ist dann jeweils zu rekonstruieren. Ausgehend von der Annahme,
dass sich die sprachlich-mentale Verarbeitung biographischer Erfahrungen
diskursartenspezifisch niederschlägt, werden kategorial erzählende und
nicht-erzählende Diskursformen, aus denen sich das biographische Erzählen
zusammensetzt, unterschieden. Werden in den Kapiteln 1–3 die historischen,
theoretischen und methodischen Grundlagen der Untersuchung gelegt, so kommen
wir mit Kapitel 4 zur konkreten Durchführung. In drei detaillierten
prozeduralen Analysen wird untersucht, wie die befragten Jugendlichen
(Alexander, Katja, Lena) im Interview ethnische Kategorien sprachlich
realisieren und welche Wissensstrukturen diesen Realisierungen zugrunde
liegen. In Kapitel 5 wird eine Beobachtung aus Kapitel 4
ausgeführt, dass nämlich die russische Sprache insbesondere für Katja und
Alexander einen wichtigen Stellenwert für ihren Alltag mit Gleichaltrigen
hat. Ein exemplarischer Einblick in Handlungskonstellationen, in denen
sprachlich niedergelegte kulturelle Wissensreservoirs aktualisiert werden,
zeigt neuartige illokutive Strukturen, deren Funktion es zu beleuchten gilt.
Den Analysen wird ein knapper Einblick in Wandlungsprozesse der russischen
Sprache bereits in den Herkunftsländern vorangestellt, die Folge der
Liberalisierungsprozesse durch Glasnost und Perestroika sind. |