Lim,
Chul Woo
Abschiedstal
Roman
Aus dem Koreanischen übersetzt von Jung Youngsun und Herbert Jaumann
2015 · ISBN
978-3-86205-415-2
·
240 S., kt. · EUR 19,80
Abschiedstal ist der Name
einer kleinen Bahnstation im abgelegenen Nordosten Südkoreas, einer
ehemaligen Bergbaugegend. Die Bahnstation, das Personal und die dazugehörige
Ortschaft ist in diesem Roman der Schauplatz der Erzählgegenwart, an dem
seine Hauptfiguren leben: ein junger Bahnbeamter und seine Kollegen, Leute
aus dem Dorf, darunter eine junge Frau, die einen Laden für ‚Backwaren mit
Musik’ aufgemacht hat, vor allem aber eine alte Frau ohne Gedächtnis, die
mitten im Winter täglich ihren Rollkoffer hinter sich herziehend den Weg
zwischen ihrer Hütte und dem Bahnhof zurücklegt, wo sie am Schalter eine
Fahrkarte kauft, mit der sie nirgendwohin fährt. In einer umfangreichen
Rückblende erfahren wir ihre Lebensgeschichte, wie sie als junges Mädchen
von den Japanern als Zwangsprostituierte in die Mandschurei verschleppt
wurde. Die Schilderungen des Martyriums, dem sie und ihre
Leidensgefährtinnen im Militärbordell täglich ausgesetzt waren, aber auch
die Folgen und Verletzungen derjenigen, die diese Hölle überlebt haben,
erhalten das größte Gewicht in diesem Roman, der sich nicht auf die Probleme
der Gegenwart und die trüben Aussichten in die Zukunft beschränkt.
Wie in allen Erzählungen Lims geht es
vor allem um Erkundung der Vergangenheit, in diesem Fall dort, wo sie am
schrecklichsten war. Aus der Bahnstation, die es wirklich gab, wurde vor
einigen Jahren ein kleines Museum – auch ein Weg, sich mit Vergangenheit zu
befassen.
Lim Chul Woo wurde 1954 auf
Wando geboren, einer Insel vor der Südspitze der koreanischen Halbinsel in
der Provinz Jeolla Süd. Auch für seine spätere Arbeit als Schriftsteller war
die im Jahre 1980 von der Militärdiktatur niedergeschlagene Revolte von
Gwangju, die er als Student erlebte, bestimmend. Die lange Reihe seiner
Erzählungen und Romane begann 1981 mit Der Hundedieb, die in deutscher
Übersetzung in dem Erzählungsband Das rote Zimmer (Bielefeld 2003)
vorliegt. Weitere Übersetzungen: Am Ende der Zeit (1999) und Die
Erde des Vaters (2007). Der neue Roman Abschiedstal ist zuerst
2010 in Seoul erschienen. Lim hat mehrere Literaturpreise erhalten, seine
Bücher wurden auch ins Englische, Französische und Spanische sowie ins
Japanische und Chinesische übersetzt. Er lehrt Creative Writing an
der Hanshin-Universität in Seoul.
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